Jüngste Erhebungen der Wirtschaftsinitiative „ZUKUNFT LEHRE ÖSTERREICH“ haben ergeben, dass 4 von 10 Betrieben keine passenden Lehrlinge finden. Dies ist jedoch nur bedingt der Corona Pandemie geschuldet.
Aufgrund des Lehrlingsbonus ist die Anzahl der offenen Lehrstellen im Vergleich zum Vorjahr annähernd gleich geblieben. Unternehmen nehmen jedoch wahr, dass sich deutlich weniger BewerberInnen auf die offenen Stellen melden.
Wir haben mit AubildungsleiterInnen von großen und bekannten österreichischen Unternehmen - wie z.B. Julius Blum GmbH in Vorarlberg, Freudenberg FST GmbH in Tirol, Trumpf Maschinen Austria GmbH und CoKG in Oberösterreich, dem Bildungsforschungsinstitut IBW in Wien, aber auch der Magna-Gruppe, Pankl Racing Systems AG, RHI Magnesita und Andritz AG in der Steiermark gesprochen und wollen deren Erfahrungen mit Ihnen teilen.
Die Fragestellung lautete:
Wie kann die Attraktivität als Unternehmen erhöht werden um passende Lehrlinge zu finden? Was unterscheidet die einzelnen Unternehmen in der Lehrlingssuche voneinander?
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Erfolgsfaktoren aus diesen Gesprächen dürfen wir Ihnen im Folgenden präsentieren:
Äußere Erfolgsfaktoren
Gemäß einer Umfrage der Industriellenvereinigung - unter Jugendlichen, Eltern und LehrerInnen - sind
- Schnuppertage
- Berufsinformationsmessen
- Vorstellungen von Betrieben aus der Region in der Schule
die wichtigsten Informationsquellen bei der Berufswahl der heranwachsenden Jugendlichen. Selbstverständlich haben das Elternhaus und auch LehrerInnen einen wichtigen Einfluss darauf.
Aufgrund der Lock-Downs ging der Kontakt zwischen Schulen, SchülerInnen und Unternehmen sukzessive verloren. Trotzdem können Betriebe sehr wohl Maßnahmen treffen, um für Jugendliche interessanter zu werden.
Es scheitert sehr oft bereits an einer attraktiven Ausschreibung der Lehrstelle.
Mögliche KandidatInnen
- können mit der Ausschreibung nichts anfangen (komplizierte Formulierungen, nicht ansprechend, zu technisch etc.)
- oder sie haben von der Ausschreibung nichts gehört (erfolglose Kommunikationswege)
Viele Unternehmen scheinen den Kontakt zu Eltern, Schulen und LehrerInnen zu meiden.
Gerade hier können Unternehmen - unabhängig von Ihrer Größe
- Kooperationen im Rahmen der Berufsorientierung an Schulen suchen
- Schulbesuche durchführen, bei denen das Unternehmen vorgestellt wird
- Schulklassen zu Betriebsbesichtigungen einladen
- Tag der offenen Tür / Lehrlingsinfotag(e) abhalten
- Schnuppertage anbieten
Solche Initiativen werden von Unternehmen wenig bis gar nicht durchgeführt.
Selbstverständlich ist es möglich, auch mit intensiven Werbekampagnen zum Ziel zu kommen.
Dies beinhaltet z.B.
- die Teilnahme an Berufsinformationsmessen des jeweiligen Bundeslandes
- die Zusammenarbeit mit Berufsinformationszentren, dem AMS, der WKO und Wifi
- Ausschreibung im Internet und Printmedien
- an speziellen Events wie dem Girls-Day udgl. teilnehmen
Die äußeren Erfolgsfaktoren sind vornehmlich geprägt von externer Kommunikation mit den Zielgruppen bzw. Stake Holdern, wie Eltern und LehrerInnen.
Nachhaltiger - und dadurch langfristig erfolgsversprechend - ist aber eine Konzentration auf die inneren Erfolgsfaktoren, welche sich in einer positiven Mundpropagande für Ihr Unternehmen wiederspiegelt. Dies ist zwar intensiver und langwieriger in der Umsetzung - auf lange Sicht jedoch deutlich kostengünstiger und nachhaltiger.
Innere Erfolgsfaktoren
Versuchen Sie eine neutrale Sichtweise über Ihren Betrieb von außen zu erhalten.
- Wie ist der Stellenwert eines Lehrlings innerhalb Ihres Unternehmens?
- Wie ist der Umgang gegenüber Lehrlingen – ist dies ein wertschätzender Umgang mit den heranwachsenden Jugendlichen?
- Wie steht es um die Arbeitsmoral? Den Umgang unter KollegInnen, mit KundInnen und LieferantInnen?
- Wie würden Sie die Nähe der Führungskräfte zu Lehrlingen und MitarbeiterInnen sehen?
- Können Sie erfolgreiche Karrierewege von früheren Auszubildenden nachweisen?
- Bieten Sie Weiterbildungsmöglichkeiten - wie Lehre mit Matura, Lehre und Matura, Werkmeisterprüfungen - an?
- Werden Sie als attraktive(r) ArbeitgeberIn und Ausbildungsbetrieb wahrgenommen oder sind Sie nur einer von vielen Betrieben?
- Wie hoch ist die Qualität der AusbilderInnen und die Anzahl der AusbilderInnen zu den Lehrlingen?
- uvm.
Viele Faktoren haben direkten Einfluss auf eine positive aber auch negative Mundpropaganda für Ihren Betrieb!
Dementsprechend attraktiv ist Ihr Unternehmen für mögliche Lehrlinge und ArbeitnehmerInnen! Je attraktiver Ihr Unternehmen wahrgenommen wird, umso höher ist die Zahl der Bewerbungen und die Auswahlmöglichkeit bei Kandidatinnen.
Fazit
Es gibt viele Einflußmöglichkeiten auf Ihre individuelle Attraktivität für Lehrlinge. Corona mag die Situation bei der Lehrlingssuche verändert haben. Betriebe, mit einer klaren Positionierung bei der Lehrlingsausbildung, welche auch in der Unternehmenskultur verankert ist, besitzen jedoch eine deutlich höhere Attraktivität und haben aber auch während dieser herausfordernden Zeiten geringere Probleme ihre offenen Lehrstellen zu besetzen. Es benötigt nur Selbstreflektion und hohes Commitment für diesen Ausbildungsweg. Mit der korrekten Platzierung für die Weiterentwicklung Ihrer Belegschaft ist dies jedoch eine äußerst gewinnbringende Komponente für den nachhaltigen Unternehmenserfolg.
Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit und hinterlassen Sie einen Kommentar bzw. Feedback. Wenn Sie hierzu etwas ergänzen möchten - dann melden Sie sich bei uns! Wenn Sie Ihre Initiativen gerne vorstellen möchten oder Hilfestellung zu spezifischen Problemstellungen benötigen, treten Sie mit uns in Kontakt!
Wir stehen jederzeit und gerne für einen ExpertInnenaustausch zur Verfügung.
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